Berlin. Am Runden Tisch Steglitz-Mitte wurden Ideen für eine neue Gestaltung des Hermann-Ehlers-Platz gesammelt.

Der Vorschlag kam so überraschend, dass es erst einmal ganz still wurde. War es ein Scherz? Sollten alle einfach lachen? Etwa 30 Anwohner waren zum Runden Tisch Steglitz-Mitte in die Stadtbibliothek ins Einkaufszentrum „Das Schloss“ gekommen, um über die neue Gestaltung des Hermann-Ehlers-Platzes zu diskutieren.

Da meldete sich ein Mann, mittelalt, aus der letzten Reihe und sagte: „Warum bauen wir auf dem Platz nicht einfach einen Kreisel Nummer 2, aber mit bezahlbaren Mieten?“

Platz ist laut und riecht nicht gut

Nachdem dann doch einige verwirrt aufgelacht hatten und der Moderator Querdenken für zulässig erklärte, schob er seine Begründung nach. Der Platz sei laut, er rieche nicht gut, alle würden desinteressiert darüber laufen, es werde getrunken, und es sei auch kein Ort für ein Denkmal, wo man zur Ruhe kommen soll. Also könnte wenigstens das Wohnungsproblem in Angriff genommen werden.

Es war die gewagteste Idee des Abends, zu dem das DRK Berlin Südwest eingeladen hatte. Hintergrund war ein Beschluss der Bezirksverordneten, mit Anwohnern Ideen für eine neue Gestaltung des Hermann-Ehlers-Platzes zu suchen. Die Wünsche sollen in einem Ideenwettbewerb zusammengetragen werden. „Wir sind dankbar über Anregungen und Vorschläge“, sagte Corina Wagner, die im Präventionsbeirat sitzt und an diesem Abend das Bezirksamt vertrat. Sie ist die Schnittstelle zwischen dem Amt und den Runden Tischen im Bezirk. Ihre Aufgabe war es, die Ideen zu sammeln und an das Bezirksamt weiterzuleiten.

Einmal öfter mit dem Besen durch

„Unwürdig, gammelig, schmutzig“ – so wurde der Platz immer wieder in der Debatte charakterisiert. Doch nur einmal öfter mit dem Besen durchzugehen – so ein Vorschlag – wird nicht reichen, um das Image der Verkehrsinsel zwischen der S-Bahnbrücke und der Schloßstraße zu verbessern. Am Ende standen auf der Liste noch ein paar mehr Vorschläge zur Verschönerung des Hermann-Ehlers-Platzes: Mehr Licht, ein neues Pflaster und Bänke.

Eine ganz besondere Idee hatte Anwohnerin Ursula Schmelzer, die auch Mitglied in der Vereinigung „Kunstraum Steglitz“ ist. Sie sah vor allem den Verkehrslärm als Problem auf dem Platz. „Man könnte zwei Seiten mit einer Springbrunnenwand schließen“, schlägt sie vor. Das Wasser erzeuge ein positives Geräusch, und man könne sich nicht dahinter verstecken, wie zum Beispiel hinter Büschen und Hochbeeten.

Marktplatz muss bleiben

„Wer Ruhe haben will geht auf die andere Seite in den Park hinter der Schwartzschen Villa“, hielt Eberhard Brockmann von der Stiftung „Kleine Plätze“ dieser Idee entgegen. Der Platz sei ein Marktplatz ,und das werde so bleiben, also könne man gestalterisch nicht viel tun. Seiner Ansicht nach könnte der Brunnen auch ganz weg.

Einig waren sich alle, dass der Platz neu gepflastert werden muss. Manuela Myszka vom Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin bezeichnete den Platz aufgrund zahlreicher Stolperfallen als „No-go-Area“. Es gebe keine eindeutigen Wegebeziehungen, was besonders zu Marktzeiten zu großen Problemen führe, erklärte Myszka. Aber selbst die Spiegelwand sei für sie nicht vorher zu erkennen, so dass sie immer fürchten müsse, daran zu stoßen. Ihre Vorschlag: Um das Mahnmal für die ermordeten Juden sollte es eine Umrandung mit gröbere Pflastersteinen geben. Über den Platz hingegen sollten erkennbare Wege mit einem taktilen Rand, den Blinde ertasten können, angelegt werden.

Spiegelwand sollte beleuchtet werden

Diese Idee wurde von allen aufgenommen und noch weiter entwickelt. So kam der Vorschlag, die Wege mit Lichtstreifen auszulegen, damit sie auch nachts zu erkennen seien. Überhaupt war mehr Licht immer wieder ein Thema, denn viele Ältere beklagten, dass sie Angst beim Überqueren des Platzes hätte, wenn sie die erste oder letzte S-Bahn am Rathaus Steglitz nehmen müssten. Sie forderten eine Beleuchtung der Wege und der Spiegelwand.

Über die Bänke wurde lange diskutiert. Zum Ausruhen für die Senioren sollten sie eigentlich sein, doch schon sahen einige wieder die jugendlichen Trinker und die Obdachlosen auf den Sitzgelegenheiten herumlungern. Zwei Sozialarbeiterinnen hatten im Vorfeld Jugendliche gefragt, wie sie den Platz sehen. Auf der Positivseite standen der Brunnen und die Märkte, auf der Negativseite Müll und Dreck. Sie forderten einen sauberen Brunnen, Mülleimer, Aschenbecher, Wlan und vor allem auch Sitzgelegenheiten.

Getränke im Supermarkt gegenüber

Tatsächlich verändert der Platz innerhalb von 24 Stunden sein Gesicht. Vom ersten Lieferverkehr bis zum Ladenschluss ist es ein lebendiger Platz. Wenn die Geschäfte schließen, wird es leer. Dann kommen die Jugendlichen. Sie können sich bis Mitternacht im Supermarkt an der Albrechtstraße mit Getränken versorgen und auf dem Brunnenrand sitzen. Es sollte in den Abendstunden moderierte Angebote und auch Ansprechpartner für die Jugendlichen geben, kam der Vorschlag. Was genau das sein soll, wurde nicht im Detail genannt.

Am Ende, als sich die Vorschläge langsam zu wiederholen begannen, sagte noch eine Frau: „Das Allerschlimmste wäre, wenn die Bäume auf dem Platz verschwinden würden.“ Und alle nickten zustimmend.